Unsere Geschichte
Die Anfänge der Akademiearbeit in Thüringen (1947)
Die Evangelischen Akademien entstanden im Nachkriegsdeutschland als Antwort der Kirchen auf das Versagen der Zivilgesellschaft während des Nationalsozialismus. Viele Landeskirchen begründeten nach Kriegsende Evangelische Akademien, um beim Aufbau einer demokratischen Gesellschaft mitzuwirken.
Der Beginn der Arbeit der Evangelischen Akademie Thüringen lässt sich bis ins Jahr 1947 zurückverfolgen: Zur ersten Tagung in Eisenach waren christliche Akademiker aus ganz Thüringen zusammengekommen, um das Thema „Glauben und Wissenschaft“ zu diskutieren. Man verfolgte zunächst das Konzept einer interdisziplinären „Thüringer evangelischen Forschungsakademie“.
Akademie in der frühen DDR (1953–1961)
Nachdem der Bestand Theologischer Fakultäten in der DDR gesichert war, traten akademische Ambitionen für die Akademie in den Hintergrund. Sie wurde zu einer bescheidenen kirchlichen Tagungseinrichtung umgestaltet, für die ein hauptamtlicher Leiter angestellt wurde. 1953 wurde die Akademiearbeit in den Gemeindedienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen eingegliedert. Ein relativ großes Team Ehrenamtlicher organisierte Tagungen, die bereits damals oft im Zinzendorfhaus in Neudietendorf stattfanden. Um einer staatlichen Begrenzung auf den binnenkirchlichen Raum entgegenzuwirken, wurden zu den Tagungen oft auch westdeutsche Gäste eingeladen. Im Oktober 1961 wurde der damalige Akademieleiter aus politischen Gründen für mehrere Jahre inhaftiert. Im Jahr des Mauerbaus endete so die erste Blütezeit der Evangelischen Akademie Thüringen.
Akademie in der Nische (1961–1989)
Um Konflikte mit staatlichen Stellen zu vermeiden, wurden die Aktivitäten der Akademie von der Kirchenleitung nicht weiterentwickelt. In den folgenden Jahren sank die Zahl der Akademieveranstaltungen erheblich und die Akademie verschwand nach und nach aus der öffentlichen Wahrnehmung. Vereinzelt wurden zwar Tagungen angeboten, aber die Akademie führte dennoch ein Schattendasein. Erst ab 1985 gab es wieder ein reguläres Jahresprogramm. Die Besucher schätzten die Akademie als einen geschützten Raum des freien Meinungsaustauschs.
Akademie in der demokratischen Gesellschaft (von 1989 bis heute)
Nach dem Ende der DDR bot die Akademie einen Ort der sozialen und persönlichen Neuorientierung. 1991 wurde sie als Institution mit Sitz im Zinzendorfhaus Neudietendorf wiederbelebt. Mit der Fusion der Thüringer Landeskirche und der Kirchenprovinz Sachsen ging 2009 die Trägerschaft der Thüringer Akademie auf die neu begründete Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) über. Die Landeskirche verfügt damit über zwei Akademien, die jeweils regional verortet sind und sich in ihrer thematischen Arbeit ergänzen, so dass sie dadurch mit ihrem jeweils spezifischen Profil weit über die Region hinauswirken.
Seit Oktober 2018 ist Pfarrer Dr. Sebastian Kranich Direktor der Thüringer Akademie. Mit ihren Studienleiterstellen Theologie, Geschichte und Politik, Arbeit und Wirtschaft, Gesellschaftspolitische Jugendbildung und Medien, Kunst und Gesellschaft bestimmt sich das Profil der Evangelischen Akademie Thüringen. Die meisten Akademietagungen finden im Zinzendorfhaus Neudietendorf statt, für Jugendbildungsveranstaltungen wird vor allem die Jugendbildungsstätte Junker Jörg in Eisenach genutzt.
Weiterführende Literatur: Böhm, Susanne: Die Evangelische Akademie Thüringen, in: Martha Friedenthal-Haase (Hg.): Evangelische Akademien in der DDR, Leipzig 2007, S. 209–252