Evangelische Akademie Thüringen

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Damit der Blick auf den Menschen nicht verloren geht…

  • Prof. Dr. Joachim Bauer bei seinem öffentlichen Festvortrag zur Tagung "Vom Wucher zur internationalen Finanzkrise" in der Nikolaikirche Eisenach. Foto © EAT
    Prof. Dr. Joachim Bauer bei seinem öffentlichen Festvortrag zur Tagung "Vom Wucher zur internationalen Finanzkrise" in der Nikolaikirche Eisenach. Foto © EAT
  • Interessierte TagungsteilnehmerInnen in der Nikolaikirche Eisenach. Foto © EAT
    Interessierte TagungsteilnehmerInnen in der Nikolaikirche Eisenach. Foto © EAT
  • In den Workshops am Samstag Nachmittag im Steigenberger Hotel "Thüringer Hof" konnten die Teilnehmenden die in den Vorträgen aufgeworfenen Fragen intensiver diskutieren. Foto © EAT
    In den Workshops am Samstag Nachmittag im Steigenberger Hotel "Thüringer Hof" konnten die Teilnehmenden die in den Vorträgen aufgeworfenen Fragen intensiver diskutieren. Foto © EAT
  • Rege Teilnahme gab es nach den Vorträgen zu den Podiumsdiskussionen. Foto © EAT
    Rege Teilnahme gab es nach den Vorträgen zu den Podiumsdiskussionen. Foto © EAT
  • Auf dem Abschlusspodium am Sonntag im Lutherhaus Eisenach diskutierten Prof. Dr. Rainer Kessler, Dr. Maximilian Kalus, Prof. Dr. Michael Haspel, Dr. David Lohmann und Matthias Lehnert (v.l.). Foto © EAT
    Auf dem Abschlusspodium am Sonntag im Lutherhaus Eisenach diskutierten Prof. Dr. Rainer Kessler, Dr. Maximilian Kalus, Prof. Dr. Michael Haspel, Dr. David Lohmann und Matthias Lehnert (v.l.). Foto © EAT

Für in Not geratene Familien im frühen 16. Jahrhundert war es eine Heilsbotschaft: Der Eisenacher Prediger Jacob Strauß bewertete nicht nur das Verlangen, sondern auch das Zahlen von (Wucher-)Zinsen als Sünde. Da die Zinsen damals bis zu 20 Prozent betrugen und insbesondere auf die Nutzung von Grundbesitz erhoben wurden, sahen die Schuldner einen Ausweg aus ihrer Verzweiflung – was der reformatorischen Bewegung einen Schub gab. Martin Luther betonte in Bezug auf den Wucher wiederholt, dass Gerechtigkeit und Nächstenliebe auch bei Geldgeschäften maßgeblich seien, Schuldnern in Not also Zinsen erlassen werden müssten.

Die soziale Dimension der Reformation wurde auf der interdisziplinären Tagung „Vom Wucher zur internationalen Finanzkrise“ am 11. bis 13. November 2016 in Eisenach intensiv diskutiert. Auf Einladung der Evangelische Akademie Thüringen und der Friedrich-Schiller-Universität Jena kamen HistorikerInnen, Theologen, Kunstgeschichtler und Finanzexperten miteinander ins Gespräch, um die Eisenacher reformatorischen Impulse für die Gegenwart fruchtbar zu machen. Akademiedirektor Prof. Dr. Michael Haspel erklärt: „In der Reformationszeit spielt die Auseinandersetzung über den Zins und den Wucher eine bedeutsame Rolle. Viele derer, die den Ablass für richtig hielten, hielten auch das Zinsnehmen für erlaubt. Doch gerade diese hohen Zinsen hielten viele Menschen über Generationen hinweg in Abhängigkeit und Armut. Vielleicht haben damals gerade deshalb die Menschen in Eisenach und Mitteldeutschland so enthusiastisch auf die Botschaft der Reformation gehört, weil die geistliche Freiheit auch Befreiung aus weltlichen Zwängen verhieß“.

Und wie sieht es heute aus? Es hat wohl seinen Grund in der Anonymität zwischen Schuldnern und Gläubigern, dass die Gier leicht überhand gewinnen könne, so das Fazit auf dem Abschlusspodium. Der Blick auf die konkreten Lebensumstände der Menschen wäre dagegen geeignet, sie vor ungerechten Urteilen und überzogenen Forderungen zu bewahren.

Die Pressemitteilung zur Wuchertagung finden Sie hier.