Der alte Jude und das ferne Israel - Augustinerdiskurs
Marko Martin liest aus seinem Buch. Foto (c): Wollenhaupt-Schmidt/ EAT. Das Publikum war gefesselt. Dies spiegelte sich auch in den Rückfragen wider. Fotos (c): Wollenhaupt-Schmidt/ EAT. Marko Martin, Dr. Sebastian Kranich (EAT) und Niklas Wagner (Katholisches Forum) beschließen die Veranstaltung. Foto (c): Wollenhaupt-Schmidt / EAT.
Mehr als 60 Gäste waren mucksmäuschenstill, als Marko Martin die Passage über den alten Juden Baruch in Berlin aus seinem Buch „Und es geschieht jetzt: Jüdisches Leben nach dem 7. Oktober“ las. Was da im „fernen Israel“ mit dem Hamas-Massaker geschehen war, wurde Baruch gegenüber von FreundInnen und Bekannten nicht thematisiert. Wenn ihm nicht gleich, wie von einem Ost-West-Ehepaar, die Freundschaft aufgekündigt wurde. Nur ein junger Muslim aus dem Kaukasus und ein Jeside aus dem Irak, mit denen er in einem Call-Center arbeitete, zeigten ihre menschliche Solidarität.
Warum das so ist, warum so wenig Empathie zu spüren war gegenüber Juden nach dem Hamas-Massaker, darum kreiste das Gespräch beim Augustinerdiskurs am 11. Februar lange. Fast jede und jeder in Deutschland habe eine Meinung zu Israel, so der Autor. Doch diese sei nach dem Holocaust oft durchsetzt von Abwehr, Projektionen, Täter-Opfer-Umkehr, trotz und bei allen Schwüren, dass sich so etwas nie wiederholen dürfe. Ganz zu schweigen von den uralten antisemitischen Mustern, die nur ihre Formen wechselten. Zudem werde der Antisemitismus vorzüglich dann moniert, wenn er beim politischen Gegner zu verorten sei.
Was also tun? Es kommt erst einmal darauf an zuzuhören, z. B. den Geschichten, die Marko Martin in seinem Buch erzählt. Sich zu öffnen, heranzutrauen und an sich heranzulassen, was andere erleiden. Und nicht immer schon zu wissen und zu meinen. Ganz praktisch könne diese Haltung münden in „Tikkun Olam“ – der Orientierung am alten jüdischen Gebot der „Reparatur der Welt“, so wie sie in Israel nach dem Trauma vom 7. Oktober 2023 als lebenspraktische und mentale „Erste Hilfe“ von vielen gelebt wird.
Eine Rezension des Buches von Marko Martin, verfasst von Akademiedirektor Dr. Sebastian Kranich, lesen Sie auf der Homepage von „Glaube und Heimat“:
https://www.meine-kirchenzeitung.de/c-blickpunkt/juedisches-leben-dem-schrecken-mit-tikkun-olam-begegnen_a53498