Evangelische Akademie Thüringen

‹ alle Blogartikel anzeigen

Kein Frieden auf dem Weg der Sicherheit?

V.l.n.r. Dana Jirous, Koordinatorin Women’s Initiatives for Peace in Donbas/s bei OWEN, Tetiana Lopashchuk, Leiterin Kiewer Büros d. Kyjiewer Gespräche, Julika Koch, Ref. f. Friedensbildung, Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland. Foto: © Kranich/EAT
V.l.n.r. Dana Jirous, Koordinatorin Women’s Initiatives for Peace in Donbas/s bei OWEN, Tetiana Lopashchuk, Leiterin Kiewer Büros d. Kyjiewer Gespräche, Julika Koch, Ref. f. Friedensbildung, Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland. Foto: © Kranich/EAT

„Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit, dann überfällt sie schnell das Verderben“. Was der Apostel Paulus im ersten Brief an die Thessalonicher schreibt, das klingt bei Dietrich Bonhoeffer später so: „Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit.“

Doch inwiefern stimmt das? Beim Studientag „Zeitensprung. Perspektiven für gerechten Frieden und Sicherheit in Europa und darüber hinaus“ am 7. und 8. Februar wurde diese Frage in theologischer, sicherheits- und entwicklungspolitischer sowie in friedenspraktischer Weise debattiert.

Eingeladen von der Evangelischen Friedensarbeit und der Evangelischen Akademie Thüringen diskutierten über 50 Teilnehmende im Augustinerkloster zu Erfurt die großen weltpolitischen Fragen ebenso wie die Fragen, die sich in der Basisarbeit stellen.

Dabei wurde klar: Je nachdem, wie man die Frage fokussiert und je nachdem, wie man betroffen ist, fallen die Antworten unterschiedlich aus. Wo Schutz und Sicherheit elementar fehlen, da lässt sich schwer von Frieden und Versöhnung reden. So meinte die Ukrainerin und Leiterin des Kiewer Büros der Kyjiewer Gespräche Tetiana Lopashchuk: Wer in einem Dorf in den Alpen wohnt, der könne gut von Frieden und zivilem Widerstand sprechen. In den von Russland besetzten Gebieten ihres Landes aber sei die Realität: „Ich mache zivilen Widerstand und morgen bin ich tot.“

Auch die Entwicklungsexpertin Prof. Cornelia Füllkrug-Weitzel konstatierte, Frieden gebe es nicht ohne Sicherheit. Denn wer bedroht ist, der könne keinen Frieden aufbauen. Zugleich sei Sicherheit nur ein Element von Frieden. Als Selbstzweck führten Sicherheitsbemühungen auch zur Stabilisierung von Ungerechtigkeit sowie in Form steigender Militärausgaben zu mehr Elend und Hunger in der Welt.

Die Dilemmata und Spannungen in der gegenwärtigen Mehrfachkrise kamen wieder und wieder zur Sprache. In einem Punkt aber waren sich wohl alle einig: Bei Fragen von Sicherheit und Frieden müssen die betroffenen Menschen stärker in den Mittelpunkt rücken und nicht bloß Staaten und Territorien fokussiert werden. Deshalb sei es wichtig, das Konzept menschlicher Sicherheit in eine Nationale Sicherheitsstrategie zu implementieren und tatsächlich nach dessen Parametern zu handeln.

Das öffentliche Abendpodium zur Nationalen Sicherheitsstrategie innerhalb des Studientags verfolgten vor Ort und per Livestream ca. 200 Interessierte. Der Mitschnitt kann hier angesehen werden.