Unter Bäumen mit Büchern
Der Nussbaum im Garten des Schillerhauses spendete den Bücherfans Schatten am ersten heißen Juli-Abend. Foto: Zubarik/EAT Zum "Büchergarten" fand man sich draußen hinter dem Schillerhaus ein - für das gemütliche Ambiente war gesorgt. Foto: Zubarik/EAT
Eines haben die „Literarischen Gärten“ gemeinsam: Sie bieten jedesmal eine breite Palette an literarischen Einblicken und sorgen für ausreichend Lesetipps über die Sommerzeit.
Ganz unterschiedlich sind sie bei der Wahl der Orte, der vorgestellten Bücher und den Assoziationen der Teilnehmenden.
Zum zweiten Mal traf man sich dafür im Garten des Schillerhauses in Rudolstadt, am vergangenen Dienstag, den 1. Juli, bei auch am Abend noch brütender Hitze. Diese hielt die kleine Runde von sieben lesefreudigen Menschen jedoch nicht ab, über zwei Stunden Lieblingslektüre vorzustellen und die eine oder andere Passage daraus vorzulesen.
Mit im Gepäck waren diesmal:
- „Das Haus verlassen“ (2024) von Jacqueline Kornmüller, illustriert von Kat Menschik, ein wunderschönes, nur 90 Seiten kurzes, Text-Bilder-Buch für Erwachsene, in dem es im Rahmen der Überlegung, das eigene Haus zu verkaufen oder eben nicht, um Lebensentwürfe und die Frage nach Lebensqualität geht, um den Umgang und die Ablösung von Besitz, um Veränderung und Erneuerung, vor allem aber um die tiefgründige Verbindung von Mensch und Haus.
- „Eva schläft“ (2010) von Francesca Melandri, ein Romandebüt der italienischen Autorin über die Geschichte Südtirols, in dem die Erzählung von einem Mädchen ohne Vater mit den Ereignissen in einer Provinz ohne Vaterland verknüpft wird. Freiheitsbestrebungen und Terror, die Spaltung der Bevölkerung als politische Themen stehen sozialen Fragen von alleinerziehenden Müttern und unehelichen Kindern in repressiven Zeiten gegenüber.
- „Bürgerin aller Zeiten“ (2025) von Heike Wolf ist der erste von zwei Bänden einer Familiensaga, der die Zeitspanne vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Wende umfasst. Auch hier geht es um große Themen wie die NS-Zeit und der Umgang mit behinderten Kindern sowie die Schwierigkeit der offenen Freundschaft mit jüdischen Familien; es geht um Homosexualität und Zweckehen, um die Zerstreuung von Geschwistern in Ost und West und der damit verbundenen unterschiedlichsten politischen Bekenntnisse.
- Von Isaac Assimov „Ich, der Robot“ (1950), „Geliebter Robote“ (1957) und „Der Zweihundertjährige“ (1976) – drei der zahlreichen Science Fiction-Romane des russisch-amerikanischen Biochemikers und Schriftstellers, auf den auch der Begriff der Robotik und die „drei Gesetze der Robotik“ zurückgehen, auf die sich zahlreiche Autoren wie auch Wissenschaftler beziehen. Assimov wies in seinem Werk schon früh auf die Gefahren des unkritischen Umgangs mit KI hin.
- „Die schönere Welt, die unser Herz kennt, ist möglich“ (2014) von Charles Eisenstein, ein Ermutigungsbuch, um dem allgegenwärtigen Zynismus und dem Gefühl der Separation entgegen zu treten, um mit dem Prinzip des „Interbeing“ zu einem positiveren Wandel beizutragen. Die durch die einzelnen Kapitel leitende F’rage ist keine geringere als die nach dem Sinn des (menschlichen) Daseins.
- „Schimmernder Dunst über Coby County“ (2011) von Leif Randt: kein Buch der großen Katastrophen, der aufwühlenden Krisen oder der Ereignisse globalen Ausmasses, sondern ganz im Gegenteil eine Geschichte von Antriebslosigkeit, Melancholie, Stagnation, aber auch der Zufriedenheit, des hedonistischen Glücks und des Wohlstands für alle – eine „Wohlfühlwelt“, die trotzdem oder gerade deshalb ein unbehagliches Gefühl und sogar Schaudern zurücklässt.
- „Ein Sommer in Prag“ (1972) von der tschechisch-kanadischen Autorin Zdena Salivarová, der erst 2024 ins Deutsche übersetzt wurde und spritzig-humorvoll die durchaus sehr tragischen Ereignisse und die politische Stimmung der frühen 50er Jahre in Prag beschreibt, anhand der sommerlichen Erlebnisse einer jungen, sozialistisch nicht konformen Protagonistin, deren bürokratische Hürdenläufe wir hautnah miterleben.
Der nächste Literarische Garten findet nochmals in Rudolstadt statt, allerdings im Garten des Frauenzentrums am 15. August von 10 bis 12 Uhr.