Evangelische Akademie Thüringen

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Die Drachenjahre Robert Rothers – Buchvorstellung über 7 Jahre und 7 Monate im chinesischen Gefängnis

In der Nikolaikirche in Eisenach kamen rund 20 Interessierte zur Lesung aus Robert Rothers Buch "Drachenjahre". Foto: © Wuttke/EAT
In der Nikolaikirche in Eisenach kamen rund 20 Interessierte zur Lesung aus Robert Rothers Buch "Drachenjahre". Foto: © Wuttke/EAT

Robert Rother, seit Jahren teil der chinesischen High Society, fährt zur Eröffnung seiner Bar. Plötzlich steht die Polizei vor der Tür, um ihn mitzunehmen. Schon mehrmals war Rother zu Verhören bei der Polizei gewesen und jedes Mal kam er schnell wieder raus. So geht er auch nun davon aus, dass sich das Problem schnell lösen lässt. Doch dieses Mal bleibt Rother für 7 Jahre und 7 Monate zunächst in Untersuchungshaft, schließlich im Gefängnis.

Am Abend des 17. Mai kamen rund 20 Interessierte in die Nikolaikirche nach Eisenach, wo Robert Rothers Buch „Drachenjahre. 7 Jahre und 7 Monate im chinesischen Gefängnis“ vom Autor vorgestellt wurde. Eingeladen hatte die Evangelische Akademie Thüringen, gemeinsam mit dem Lutherhaus Eisenach, der Thüringer Landeszentrale für politische Bildung und der Aktion der Christen gegen Folter (ACAT), die sich für Rothers Freilassung eingesetzt hat.

Gestaltet wurde der Abend nicht im klassischen Vortragsformat. Von Anfang an wechselten sich Fragen von Gesprächsleiter Dr. Sebastian Kranich und dem Publikum nahtlos ab. Dadurch entwickelte sich ein intensives Gespräch, bei dem alle Teilnehmenden mit Spannung Rothers Schilderungen folgen. Er erzählt von seiner Jugend und davon, dass er sich nie für Schule interessiert habe, stattdessen mit 13 Jahren mit der schriftlichen Erlaubnis seiner Mutter in den Aktienhandel eingestiegen sei. In China spekulierte er auf den Zusammenbruch des Immobilienmarktes und profitierte enorm von der Weltwirtschaftskrise 2008. Er war wie in einer Blase – einem Kreis der chinesischen Oberschicht, in der jeder Millionen hat und dies auch zeigen will.

Die Haft war für Rother eine andere Blase. Dort trafen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen aufeinander – einige waren zuvor reich, andere dealten mit Drogen, um ihre Familie zu ernähren oder ermordeten Menschen für 200 Dollar. Ebenso trafen verschiedene Religionen aufeinander. Rother erzählt, er sei „ganz normal evangelisch“ erzogen worden. Wie jeder andere in seiner Heimat eben auch. Im Gefängnis beschäftigte sich Rother intensiv mit dem Christentum und las die Bibel mehrfach. Doch er fing auch an, den Koran zu lesen und sich mit den buddhistischen Glaubenslehren zu befassen. Er unterhielt sich mit seinen Mitgefangenen und wollte alles über ihr Leben wissen. Er sah diese Zeit als Möglichkeit, in einen Austausch mit diesen Menschen zu gelangen und zu lernen.

Aber auch von Folter, Zwangsarbeit und Todesstrafe handelt Rothers Bericht über die Zeit im Gefängnis. Er selbst musste regelmäßig in Fabriken elektronische Bauteile zusammenstecken. Weigerte sich ein Gefangener zu arbeiten oder erfüllte nicht die Vorgaben, so wurde er gefoltert. Stellte sich jemand besonders gut an, wurde ihm ein fünfminütiges Telefonat gewährt, aber höchstens einmal im Monat.

Auf die Frage, wie Rother heute mit seiner Zeit im Gefängnis umgeht, antwortet er, dass er diese nicht verdränge. „Ich habe damit abgeschlossen“.