Evangelische Akademie Thüringen

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Luther im Eisenacher Himmel

  • Lutherdenkmal auf dem Karlsplatz in Eisenach
    Lutherdenkmal auf dem Karlsplatz in Eisenach
  • Stadtschloss Eisenach mit Rückansicht St. Georgsbrunnen (EAT, S. Kranich)
    Stadtschloss Eisenach mit Rückansicht St. Georgsbrunnen (EAT, S. Kranich)
  • Vortrag von Dr. Sebastian Kranich im Rokokosaal des Stadtschlosses Eisenach am 3. Mai (EAT, A. Große).
    Vortrag von Dr. Sebastian Kranich im Rokokosaal des Stadtschlosses Eisenach am 3. Mai (EAT, A. Große).

Zu Himmelfahrt 1921, am Hauptfesttag der Eisenacher Feier zu Luthers Einzug in die Wartburg 1521, wurden in der Nikolaikirche Parallelen gezogen:
Laut Eisenacher Zeitung „sprach Prof. D. Hoffmann –Breslau in einer machtvoll-männlichen Predigt von diesem doppelten Festtag. Himmelfahrtslicht und Lutherglaube, Ölberg und Wartburg reichen sich die Hand zu einem Erlebnis, das nach oben führt. […] Poetisch verknüpfte sie jene Höhe im heiligen Land, von der sich der Heiland emporgeschwungen hat gen Himmel, um seine Wiederkehr und sein Reich vorzubereiten, mit dem Berg im Herzen unserer Heimat, die unserem Meister ebenfalls eine Stätte ward, an der er seine Wiederkehr vorbereitete.“

Zwei solch unterschiedliche Ereignisse rhetorisch zu verbinden ist schwierig. Doch die Kurve, die hier genommen wurde, passt sich ein in den Grundduktus jener Feier: Luthers Comeback in der Welt bot die Parallele zum erhofften Comeback des Deutschen Reiches nach dem 1. Weltkrieg. Und das Reich des Heilands wurde unter der Hand zum Reich, das bleiben muss und wiederherzustellen ist.
Auch Luther hätte die deutsche Kriegsschuld von sich gewiesen, meinte etwa ein Nachfahre bei seiner Rede am Lutherdenkmal auf dem Karlsplatz: „Der Mann, der hier oben steht, er hätte sich […] bekannt zu seinem Volk, zu dessen Recht, zu seiner Nichtschuld.“

So geartete Zusammenhänge und Konnotationen standen im Zentrum eines Vortrags von Akademiedirektor Dr. Sebastian Kranich am 3. Mai im Rokokosaal des Stadtschlosses Eisenach. Geschichtsinteressierte und Fachleute diskutierten im Anschluss unter anderem die Frage, warum der Reformator 1921 so stark als „Mann“, ja schon als „Führer“ stilisiert wurde. Was und wieviel hatte das mit dem völkischen Netzwerk in Eisenach zu tun? Mit Himmelfahrt als Männertag ja wohl noch nichts …

Auch der liberale Theologe Hans Lietzmann kam vor der Luthergesellschaft in der „Erholung“ nicht an Luther als „großer, genialer Führerpersönlichkeit“ vorbei. Der Jenaer Professor spannte den Reformator aus als „Mann, dessen Haupt die Stimme der Gottheit hört, und dessen Füße fest auf heimatlichem Boden stehen.“

Spekulation bleibt, was Luther zu all dem sagen würde. Eins aber lässt sich nachrechnen: Zu Himmelfahrt am 9. Mai 1521 weilte der Reformator bereits den fünften vollen Tag im „Reich der Vögel“.