Evangelische Akademie Thüringen

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Michal Ajvaz und die Echsen: Einblicke in tschechische Gegenwartsliteratur

  • Die Münchner Übersetzerin Veronika Siska und der Prager Autor Michal Ajvaz im IBZ Erfurt am 12.12.2019. Foto: © EAT
    Die Münchner Übersetzerin Veronika Siska und der Prager Autor Michal Ajvaz im IBZ Erfurt am 12.12.2019. Foto: © EAT
  • Angeregte Gespräche in der Lesepause mit der Slawistin Dr. Nora Schmidt (re.). Foto: © EAT
    Angeregte Gespräche in der Lesepause mit der Slawistin Dr. Nora Schmidt (re.). Foto: © EAT
  • Das Publikum spendet am Ende der Lesung und des Gesprächs herzlichen Applaus. Foto: © EAT
    Das Publikum spendet am Ende der Lesung und des Gesprächs herzlichen Applaus. Foto: © EAT

Für die erwartungsvollen Gäste, die am Donnerstagabend zum dritten Literarischen Salon im Internationen Begegnungszentrum in Erfurt zusammengekommen sind, gibt es zunächst eine Warnung: Exotische Tiere können die Lesung kreuzen! Und tatsächlich wimmelt die erste Erzählung, die der aus Prag angereiste Autor Michal Ajvaz in Auszügen aus dem tschechischen Original und seine Übersetzerin Veronika Siska auf Deutsch in Gänze vortragen, von Echsen. Auch in der nächsten Geschichte, betitelt mit „Das Konzert“ springen so einige Nagetiere herum, und die folgende handelt von einem aufgebundenen kleinen Bären. Skurril, bedrohlich und zuweilen richtig komisch wird es jedoch mit der vierten und längsten Erzählung, in der das Publikum zusammen mit dem Erzähler in einer Sommernacht auf Prager Straßen von einer Riesenmuschel beharrlich verfolgt wird.

Michal Ajvaz gehört zu den bekanntesten zeitgenössischen Autoren in Tschechien, und doch ist er im deutschen Nachbarland nur wenigen Menschen bekannt. Das liegt unter anderem daran, dass von seinem Gesamtwerk bisher nur der eine, im Salon vorgestellte Erzählband „Die Rückkehr des alten Waran“ in deutscher Übersetzung erhältlich ist, obwohl viele andere Bücher von Ajvaz etwa in türkischer, italienischer, französischer oder englischer Sprache vorliegen. Die knapp 20 Teilnehmenden zeigen sich sichtlich erfreut, nun diese literarische Bekanntschaft machen zu dürfen.

Die Veranstaltung wurde initiiert von Dr. Nora Schmidt, die als slawistische, insbesondere bohemistische Literaturwissenschaftlerin in der thematischen Einführung vor der Lesung ihren persönlichen Zugang zu Ajvaz’ Werk darlegte. Wie bei allen Literarischen Salons der Evangelischen Akademie Thüringen war das Publikum auch diesmal wieder dazu eingeladen, sich auszutauschen und Nachfragen an den Autor und die Übersetzerin zu stellen. So erfuhr man noch einiges von Ajvaz in Sachen autobiographische und philosophische Bezüge, dem Verhältnis zu Kafkas Texten und den Tieren darin, sowie zur Frage der zeithistorischen Relevanz und des eigenen politischen Anspruchs im Schreiben. Lässt sich nur hoffen, dass sehr bald noch andere Titel des tschechischen Autors ihre deutsche Übersetzung finden, damit die neugewonnenen Ajvaz-Fans weiterlesen können!