Evangelische Akademie Thüringen

‹ alle Blogartikel anzeigen

Neuer Aufsatz zur Luther-Feier 1921 in Eisenach

Peter Paul Draewing, Lutherhaus, Martin Luther und Lutherstube auf der Wartburg  (Notgeldschein Vorderseite, Druck: Gebr. Gotthelf, Cassel, Buch- und Steindruckerei, Verlag Robert Dahms, Eisenach 1921). Foto: © Sebastian Kranich
Peter Paul Draewing, Lutherhaus, Martin Luther und Lutherstube auf der Wartburg (Notgeldschein Vorderseite, Druck: Gebr. Gotthelf, Cassel, Buch- und Steindruckerei, Verlag Robert Dahms, Eisenach 1921). Foto: © Sebastian Kranich

Im Lutherjahrbuch, dem Organ der internationalen Lutherforschung, erscheinen Forschungsbeiträge, Quelleneditionen und Rezensionen von wichtigen neuen Veröffentlichungen der Luther- und Reformationsforschung.

Herausgegeben von Christopher Spehr (FSU Jena) enthält der aktuelle Jahrgang u.a. die Aufsätze: „Das dieser sterbliche Leib sol verfaulen und so stincken“: Reinheit und Vergänglichkeit bei Martin Luther (Benedikt Brunner); Zwischen Luther und Melanchthon: Martin Chemnitz – Eine Bilanz zu seinem 500. Geburtstag (Andreas Lindner); Der moderne Luther. Betrachtungen zur historischen Anschlussfähigkeit lutherischer Theologie in der Neuzeit: Verbindungslinien zu Max Weber, Rudolf Otto und Ernst Troeltsch (Roland M. Lehmann).

Auch Akademiedirektor Sebastian Kranich hat einen Beitrag beigesteuert. Unter der Überschrift „Wehrlos im Zauberwald“ kontextualisiert und akzentuiert er die „Luther-Feier der Wartburgstadt Eisenach“ aus dem Jahr 1921.

Anfang Mai 2023 wird er den Ertrag seiner Forschung in einem öffentlichen Abendvortrag in Eisenach präsentieren. Als Vorgeschmack darauf sei die Einleitung zitiert:

„Als wäre in Deutschland nach dem Jubeljahr 1917, nach der Begehung der Flammen am Elstertor, endlich nach dem gemeinsamen Wormser Gedächtnis noch nicht genug der Feier gewesen, sollte auch noch die vierhundertjährige Wiederkehr des Einzugs Luthers in die Wartburg mit größtmöglichem Aufwande von Festlichkeiten begangen werden.“

Was dem katholischen Lutherbiographen und Jesuiten Hartmann Grisar zu viel erschien, war aus protestantischer Sicht nur folgerichtig. Denn auf das kriegsbedingt geminderte Reformationsjubiläum von 1917 hatte – nach dem erhofften Sieg – die große Feier 1921 in Worms folgen sollen. Bloß konnte unter den Bedingungen der französischen Besatzung Luthers verweigerter Widerruf wiederum nur eingeschränkt gewürdigt werden. So avancierte schließlich Eisenach zum „Ausklang und […] Höhepunkt unserer Feier“, wie es in der Hauptfestrede hieß.

Dennoch trug auch die Luther-Feier in der Wartburgstadt am 4. und 5. Mai deutlich die Signatur der Nachkriegszeit. Im März hatte eine Arbeiterrevolte Mitteldeutschland erschüttert. Und in den Tagen der Feier drohte die Besetzung des Ruhrgebiets, sollte Deutschland nicht dem Zahlungsplan der Alliierten für die Kriegsreparationen in Höhe von 132 Milliarden Goldmark zustimmen. Beides, die Märzkämpfe wie das Londoner Ultimatum, fanden ihren Niederschlag in der Feier, deren Grundton ganz auf die Verarbeitung der Kriegsniederlage gestimmt war.

Kurz: Eisenach war nicht besetzt. Aber die regionale, nationale und internationale Situation blieb fragil und angespannt. In dieser Lage sollte Luthers Ankunft auf der Wartburg gedacht werden.