Evangelische Akademie Thüringen

‹ alle Blogartikel anzeigen

Online-Hass gegen Frauen und LGBTQI+-Personen: Regulation von unten?

  • Die Teilnehmenden des Workshops entwarfen in einer Zukunftswerkstatt gemeinsam Ideen gegen Anti-Gender Hate Speech. Foto: © EAT/Schreiter
    Die Teilnehmenden des Workshops entwarfen in einer Zukunftswerkstatt gemeinsam Ideen gegen Anti-Gender Hate Speech. Foto: © EAT/Schreiter
  • Erst die Cowboys, dann die Marshalls - die Regulierung des digitalen Raums hinkt der technischen Entwicklung und der kommunikativen Praxis der Gesellschaft hinterher. Foto: © EAT/Schreiter
    Erst die Cowboys, dann die Marshalls - die Regulierung des digitalen Raums hinkt der technischen Entwicklung und der kommunikativen Praxis der Gesellschaft hinterher. Foto: © EAT/Schreiter

Frauen und LGBTQI+-Minderheiten(1) sollen mundtot gemacht werden, in dem sie zur Zielscheibe von Online-Hass werden – diese Strategie wirkt! Viele äußern sich gar nicht oder verstecken ihre Identität, um nicht von Anti Gender-Hate getroffen zu werden.

In der vergangenen Woche stellten Ass.-Prof. Claudia Wilhelm und Andreas Schulz von der Universität Wien Ergebnisse der EU-weiten Studie „Hate speech, gender, social networks and political parties“ (GENHA) beim Workshop „Regulation von unten?! Gemeinsam gegen Anti-Gender Hate Speech vorgehen“ vor. Dabei zeigte sich unter anderem: Rechtspopulistische Akteur:innen nutzen nur implizite Hassrede und bedienen dabei Schlagworte wie „Gender-Gaga“ und „Frühsexualisierung“, in dem Wissen darum, dass diese weitaus hasserfüllter Kommentare aus ihrer digitalen Gefolgschaft triggern. So reicht das Erwähnen geschlechtergerechter Sprache in einem Posting bei Facebook, um Morddrohungen oder ähnliches in den Kommentaren zu provozieren. Damit bewegen sich die offiziellen Akteur:innen unter dem Radar der Straffälligkeit und überlassen explizite Hassrede anderen.

Die Ergebnisse der Studie dienten als Grundlage für die Diskussion mit Akteur:innen aus Wissenschaft, Verfassungsrecht, Medienpädagogik und Medienaufsicht, um Hate Speech aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung wirksam(er) zu begegnen. Deutlich wurde im Austausch die Komplexität des Problems: Anti-Gender Hassrede ist kein Online-Phänomen, sondern entsteht im gesellschaftlichen Diskurs und findet über Soziale Online-Medien eine höhere Verbreitung. Wirksam begegnet werden kann ihr nur mit einem gemeinsamen Vorgehen von Justiz, Strafverfolgung und Gesetzgebung sowie mit Unterstützung Betroffener durch die Zivilgesellschaft. Hass generiert Aufmerksamkeit und ist damit für die großen Online-Plattformen ein viel zu lukratives Geschäftsmodell, als dass man es ihnen selbst überlassen könnte, für eine Selbstkontrolle oder -regulierung zu sorgen. Grundlage dafür, dass sich alle angstfrei online äußern können, ist ein verlässlicher Rechtsstaat, der demokratische Grundrechte auch online garantiert und verteidigt. Regulation von unten kann also nur dann gelingen, wenn auf die Regulation von oben Verlass ist.

Der Workshop war eine gemeinsame Veranstaltung der Evangelischen Akademie mit der Universität Wien im Rahmen des EU-geförderten Projekts „Hate speech, gender, social networks and political parties“ (GENHA).


(1) LGBTQI+ ist eine Abkürzung für Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer und Intersex. Auf Deutsch steht sie also für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und intersexuell und beschreibt somit sexuelle Orientierungen und Formen von Identitäten.