Evangelische Akademie Thüringen

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Raus aus der Filterblase und rein in den Montagsspaziergang

  • Was ist eine Bubble? - Beim FSJ-Seminar fielen den Teilnehmenden dazu die unterschiedlichsten Begriffe ein. Foto: ©EAT/ Screenshot menti.com
    Was ist eine Bubble? - Beim FSJ-Seminar fielen den Teilnehmenden dazu die unterschiedlichsten Begriffe ein. Foto: ©EAT/ Screenshot menti.com
  • Tipps und Tricks um aus der eigenen Bubble rauszukommen sammelten FSJler:innen im Workshop. Foto: © EAT/Screenshot padlet.com
    Tipps und Tricks um aus der eigenen Bubble rauszukommen sammelten FSJler:innen im Workshop. Foto: © EAT/Screenshot padlet.com

Vergangenen Montag war es in Erfurt kalt und regnerisch. Auf dem Anger stehen sechs junge Menschen beisammen und schauen sich zaghaft um. „Hier ist doch überhaupt niemand, der demonstrieren möchte! Nur jede Menge Polizei“, meint Inga. Der Blick auf Twitter verrät mir etwas anderes. Unter dem Hashtag #ef0702 steht: „Auf dem Anger befinden sich aktuell 150 Schwurblis, in Gruppen gefächert.“ – Moment, Schwurblis? Wir stehen doch auch hier! Doch dann wird es immer voller. „Jetzt oder nie: Wenn ihr ins Gespräch kommen wollt, sprecht Leute an!“, sage ich. Die Sechs nicken, sie haben Fragen im Gepäck: Warum nehmen Sie hier teil? Was ist Ihr Ziel oder was soll sich ändern? Wie erfahren Sie von diesen Spaziergängen? Welche Sorgen treiben Sie um? Wie sehen Sie die anderen Teilnehmenden?

Vor zwei Wochen haben sie im Rahmen eines Bildungsseminars des Freiwilligen Sozialen Jahrs an einem Workshop des Projekts „Bubble Crasher – Raus aus der Filterblase!“ teilgenommen. Darin ging es um die eigenen Bubbles oder Filterblasen, in denen sich jede:r bewegt und um die Meinungen, Themen und (impliziten) Regeln, die dort vorherrschen. Eigene Bubbles sind Komfortzonen, in denen sich Menschen gut auskennen und die ihnen Sicherheit bieten. Wenn man gesellschaftliche Spaltung überwinden will, muss man sie zumindest kurzfristig verlassen und mit Menschen sprechen, die ganz anders ticken als man selbst. Dafür haben die FSJler:innen sich fit gemacht: mit Gesprächstechniken und der Motivation, ihre eigene Filterblase platzen zu lassen.

Nun stehen sie also auf dem Anger und sprechen mit Menschen, die sich zu einem sogenannten Spaziergang versammelt haben. Dabei hören sie einiges, was sie schon wussten: Skepsis und Wut gegenüber der Presse, Unverständnis für die strikten Pandemie-Maßnahmen und vehemente Ablehnung der viel diskutierten Impfpflicht. Urplötzlich werden alle Gespräche abgebrochen. Aus den aufgefächerten Grüppchen wird ein Zug von ca. 150 Menschen, die laut skandierend und mit Polizeibegleitung Richtung Fischmarkt ziehen.

Im Auswertungsgespräch sprechen wir im Anschluss über das, was wir erfahren haben. „Das ist wirklich eine richtige Bubble“, stellt Katharina fest. „Die treffen sich da jede Woche und viele kennen sich untereinander.“ Auch wurde das absichtliche Katz und Maus-Spiel mit der Polizei ganz deutlich. „Ich war überrascht, wie nett viele waren“, bemerkt Fabienne. „Ins Gespräch zu kommen war total einfach. Nur weiß ich nicht, ob wir eine gemeinsame Gesprächsgrundlage finden könnten.“ Zwar seien viele der dort genannten Probleme welche, die die Bubble Crasher selbst auch sehen. Nur kommen sie zu anderen Schlüssen. „Was ich schwer finde anzuhören, sind diese Vergleiche: Masken sind Mist, aber keine Folter!“ Trotzdem finden es alle wichtig, das Gespräch zu suchen, auch wenn es bis zur Verständigung ein weiter Weg ist.