Evangelische Akademie Thüringen

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Zweite Runde für den Literarischen Salon

  • Christiane Mock (re) und Sabine Zubarik (li) lasen abwechselnd aus den vorgestellten Büchern ausgewählte Stellen vor. Foto: © EAT
    Christiane Mock (re) und Sabine Zubarik (li) lasen abwechselnd aus den vorgestellten Büchern ausgewählte Stellen vor. Foto: © EAT
  • Die Wohnzimmeratmosphäre der gemütlichen Buchhandlung Contineo trug dazu bei, dass das Publikum sich rege am Gespräch beteiligte. Foto: © EAT
    Die Wohnzimmeratmosphäre der gemütlichen Buchhandlung Contineo trug dazu bei, dass das Publikum sich rege am Gespräch beteiligte. Foto: © EAT

„Ich halte jedes Leben für hinreichend interessant, um anderen mitgeteilt zu werden“, schrieb Maxie Wander in der Vorbemerkung zu ihrem 1977 erschienen Buch Guten Morgen, du Schöne. 19 Frauen interviewte sie damals, und das einzige Kriterium war, „ob eine Frau die Lust oder den Mut hatte, über sich zu erzählen“. Dieser Mut sticht für die 20 Besucherinnen und Besucher des Literarischen Salons, der am Mittwochabend, 4. September zum zweiten Mal in der Buchhandlung Contineo in Erfurt stattfand, besonders hervor. Die Offenheit, gar Freizügigkeit, mit der die Frauen in Wanders Interviews über ihr alltägliches Leben sprachen und dabei auch kein Blatt vor den Mund nahmen, wenn es um Kritik am sozialistischen System ging, verwundert und berührt.

Genauso offen wurde in der Runde der Anwesenden miteinander diskutiert, z.B. über Freiheiten und Zwänge der Kindererziehung in der DDR und über das Recht bzw. die Pflicht der Frauen zu arbeiten. Inspiriert wurde das Gespräch durch die ausgewählten Textstellen, die Christiane Mock und Sabine Zubarik im Wechsel vorlasen. Während sich die erstere auf Maxie Wanders Protokolle fokussierte, widmete sich zweitere dem Nachfolgewerk He, du Glückliche von Monika Stenzel und Ulrike Jackwerth, das erst letztes Jahr erschienen ist und 29 Frauen aller Altersgruppen porträtiert.

In der Zusammenschau der beiden Bücher haben sich einige der Anwesenden gefragt: Wo ist sie hin, die in den 70ern und 80ern so hart erkämpfte Gleichberechtigung der Frauen? Haben wir uns so daran gewöhnt, dass wir sie nicht mehr wahrnehmen oder müssen wir auch Rückschritte in der Emanzipationsbewegung verzeichnen? War gerade die Wende nicht für viele eine Zurücknahme des Rechts auf einen Arbeitsplatz? Für die jüngere Generation taten sich aber auch neue Ausbildungsmöglichkeiten und Studienplätze auf. Die unterschiedlichen persönlichen Erfahrungen aus dem Publikum deckten sich mit so mancher Textstelle aus dem zweiten Buch von Stenzel & Jackwerth. Gleichwohl war man sich am Ende des Abends einig: Maxie Wanders Gefühl für die je eigene Sprache der Frauen, ihr Gespür im Zuhören und Wiedergeben sind schwer zu übertreffen.