Evangelische Akademie Thüringen

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„Grenzgänger zwischen Kirche und Welt“. Eine Tagung über Unruhestifter in der DDR

  • Die Tagungsteilnehmenden begannen mit einer Aufstellung nach geografischer Zuordnung im Saal. Foto: © Wuttke/EAT
    Die Tagungsteilnehmenden begannen mit einer Aufstellung nach geografischer Zuordnung im Saal. Foto: © Wuttke/EAT
  • Podium mit Ehrhart Neubert und Detlef Pollack. Foto: © Wuttke/EAT
    Podium mit Ehrhart Neubert und Detlef Pollack. Foto: © Wuttke/EAT
  • Konzert mit Dirk Marschall. Foto: © Wuttke/EAT
    Konzert mit Dirk Marschall. Foto: © Wuttke/EAT

Die Tagung „Unruhestifter in Staat und Kirche“ fand vom 4. bis 6. November in Neudietendorf statt und entstand mit zweijähriger Vorbereitung in Zusammenarbeit mit der ehemaligen Landesbischöfin Ilse Junkermann von der Forschungsstelle „Kirchliche Praxis in der DDR“ der Universität Leipzig, der Evangelischen Akademie sowie dem Katholischen Forum im Land Thüringen.

Das Format war offen und auf einen intensiven Austausch angelegt. So blieben alle Beteiligten nicht lange auf ihren Plätzen sitzen, sondern positionierten sich nach geografischer Zuordnung im Raum und berichteten über ihr damaliges Engagement in einer Gruppe oder ihr spezielles Forschungsinteresse. Bewegung kam ebenfalls in die Tagung, als in vier Kleingruppen zu den Schwerpunktthemen Umwelt, Gerechtigkeit, Frieden und Solidarische Kirche gearbeitet wurde.

Bereits hier wurde klar: eine hermetische Trennung der Themen kann nur ein Hilfskonstrukt sein – beschäftigten sich die Gruppen doch meistens mit mehreren gesellschaftlichen Problemen gleichzeitig. Tagungsbeobachterin Dr. Anne Stiebritz stellte diesbezüglich die wichtige Frage: Welche Gruppen, welche Themen und welche Persönlichkeiten wurden bislang zu wenig beachtet? Wie steht es beispielsweise um die Rolle der Frauen in den Gruppen?

Ein weiterer Knackpunkt kristallisierte sich in der Frage um die Wirkung und Wirkmächtigkeit der Gruppen in der Gesellschaft und deren Transformationsprozess heraus. Konträre Thesen vertraten Dr. Ehrhart Neubert und Prof. Dr. Detlef Pollack in ihren Vorträgen und im Podiumsgespräch. So beschrieb Pollack die Wirkung der Gruppen im Gegensatz zu Neubert als marginal und charakterisierte die Oppositionsgruppen in einer Art Dichotomie zur sogenannten „Normalbevölkerung“. Eine Sichtweise, die von einigen Teilnehmenden heftig abgelehnt wurde.

Weiterhin war eine zentrale Frage: Was charakterisierte diese Beziehung der Gruppen zur Kirche? Noch Anfang Juni 1989 verkündete die Konferenz der Kirchenleitungen, dass Demonstrationen kein Mittel der Kirche seien. „Grenzgänger zwischen Kirche und Welt“ nannte Sebastian Neuß deshalb in seinem Vortrag die Mitglieder der Oppositionsgruppen, die sich in einem Spannungsverhältnis mit Kirche und Gesellschaft befanden.

Abgerundet wurde die Tagung durch einen Konzertabend mit Gemeindediakon Dirk Marschall, der die Zuhörenden unter anderem mit Liedern von Gerhard Schöne, der Renft Combo und Bettina Wegner in die Zeit der 1970er und 80er entführte.