Bei der Augustinerfilmreihe kooperieren Bernd Prigge (Augustinerkloster zu Erfur), Claudia Brand (Medienzentrum der EKM) und Sabine Zubarik (Ev. Akademie Thüringen). Foto: (c) Alex Kummer/EAT
Um die 70 Personen waren am 20.11. zum Augustinerfilm BUT BEAUTIFUL zusammengekommen. Foto: (c) Sabine Zubarik/EAT
BUT BEAUTIFUL lautete der Titel des Films, der diesmal bei der Veranstaltungsreihe Augustinerfilm gezeigt wurde – und tatsächlich sieht man darin Schönes und Gutes. Die Dokumentation des Filmemachers Erwin Wagenhofer, der unter anderem bekannt ist für seine gesellschaftskritischen Filme We feed the world, Let’s make money und Alphabet, setzt da an, wo andere aufhören – nämlich bei der Feststellung, dass die Menschheit so nicht weitermachen kann und sich dringend etwas ändern muss. Der rote Faden, der sich durch den gesamten Film zieht, ist die Feststellung, das nichts unabhängig existiert. Das gilt sowohl im Schlechten wie auch im Guten: Machen wir die Natur kaputt, leidet zwangsläufig irgendwann die Wirtschaft; erhalten Frauen keine Bildung, schlägt sich das auf die Entwicklung ihrer Lebensgemeinschaft nieder. Im Umkehrschluss ist jede noch so kleine Errungenschaft eines Individuums oder eines Dorfes eine Bereicherung für die Gesellschaft.
Im Zusammenschnitt innovativer Lebensentwürfe von Menschen aus unterschiedlichen Ländern zeigt BUT BEAUTIFUL eine zukunftsfähige Welt: Indische Frauen ohne Schulabschluss, die Solaranlagen für ihr Dorf bauen; Permakultur-Visionäre auf La Palma, die Ödland in neues Grün verwandeln; ein Förster in Österreich, der die gesündesten Häuser der Welt entwickelt; Musiker:innen, die uns den Klang der Schönheit vermitteln und die Weisheit des Dalai Lama und seiner Schwester. BUT BEAUTIFUL verbindet sie alle zu der hoffnungsvollen Botschaft, dass ein Umdenken möglich ist. Wenn wir anfangen, uns und unser Leben zu verändern, so ändern wir auch die Welt.
Um die 70 Personen waren zur Filmvorführung am 20. November im Augustinerkloster zu Erfurt zusammengekommen, um sich inspirieren zu lassen. Der Augustinerfilm ist eine Kooperation des Medienzentrums der EKM, des Augustinerklosters zu Erfurt und der Evangelischen Akademie Thüringen und findet mehrmals im Jahr statt. Die nächsten Termine der Reihe sind der 11. März und der 18. November 2024.
Auf dem Podium: Moderatorin Dr. Ulrike Schulz, Dr. Uta Bretschneider, Elisa Calzolari, Dr. Egon Primas, Doreen Denstädt (v. l. n. r.). Bild: Frank Fehlberg.
Ort der Veranstaltung war die zur Stadtbibliothek umfunktionierte Jakobikirche in Mühlhausen. Bild: Frank Fehlberg.
Impression vom Veranstaltungsort Stadtbibliothek Jakobikirche in Mühlhausen. Bild: Frank Fehlberg.
Migration aus und nach Ostdeutschland – dieses Phänomen ist keineswegs so neu, wie es die Kriege in der Ukraine, Syrien und Libyen oder die Armut und Perspektivlosigkeit in Nord- und Zentralafrika uns vor Augen führen. Die Debatten um Zu- und Einwanderung sind so alt wie das Ende des Zweiten Weltkriegs, als etwa 700.000 vertriebene Deutsche aus dem Osten des Deutschen Reiches allein nach Thüringen flüchteten. „In den Westen machen“ blieb zu DDR-Zeiten für viele Verfolgte und Unfreie die einzige Option. Heute betonen selbstbewusste „Viet-Ostdeutsche“ wie die Leipziger Journalistin Nhi Le, dass auch die DDR Zuwanderung kannte und die Geschehnisse von Rostock Lichtenhagen 1992 nicht als Statement „typisch“ ostdeutschen Fremdenhasses stehenbleiben dürfen.
Geschichte und Gegenwart von Migration in DDR und Ostdeutschland diskutierten am 15. November 2023 Dr. Uta Bretschneider (Zeitgeschichtliches Forum Leipzig), Doreen Denstädt (Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz), Elisa Calzolari (MigraNetz Thüringen) und Dr. Egon Primas (Bund der Vertriebenen Thüringen) in der Stadtbibliothek Jakobikirche in Mühlhausen. Die Podiumsdiskussion war Teil des Kooperationsprojekts Land. Wirtschaft. Kollektiv. der Evangelischen Akademie Thüringen, dem Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Thüringer Staatskanzlei.
Vertriebene Deutsche: Das lange Ankommen in einer „kalten Heimat“
Integration auf dem „platten Lande“ spielte nach dem Zweiten Weltkrieg eine ungleich größere Rolle als heute. Mit 23 % waren fast ein Viertel der Bevölkerung nach dem Krieg Neuthüringer. Integration war nicht die Sache von professionellen Sozialkräften, Behörden und Zivilgesellschaft. Mitmenschen im Alltag und in (zwangs-)kollektivistisch geprägten Arbeitsstrukturen in Bergbau, Industrie und Landwirtschaft bewerkstelligten ein bescheidenes Ankommen. Oft genug sorgten sie mit ablehnender Haltung aber auch für eine „kalte Heimat“ (so der Historiker Andreas Kossert in seinem gleichnamigen Buch). Schon die anfängliche Einquartierung der ankommenden „Umsiedler“, wie sie in der DDR verschleiernd von staatlichen Stellen etikettiert wurden, spielte sich im kriegs- und reparationsbetroffenen Ostdeutschland ungleich dramatischer ab, als es heute und selbst in winterlichen Zeltlagern 2015 zu beobachten war.
Ländliche Räume waren schon deshalb als Integrationsort zentral, weil der Krieg dort Infrastrukturen weitestgehend intakt gelassen hatte und eine bessere Lebensmittelversorgung und Arbeitskraftnachfrage gegeben waren. Ein Zeitzeuge im Publikum berichtete von einer Zwangseinquartierung auf seinem heimatlichen Vier-Seiten-Hof noch vor der DDR-Gründung 1949. Vertreter der sowjetischen Militäradministration seien auf den Hof gekommen, hätten die vorhandenen bewohnbaren Räume aufgenommen und schließlich über die Köpfe der heimischen Bewohner hinweg die Einquartierung von drei weiteren Familien angeordnet. Erst Ende der 1950-er Jahre habe die letzte dieser Familien den Hof in Richtung eigene Wohnung verlassen. Der persönliche Kontakt aber werde teilweise bis heute gepflegt.
Migrationsministerin Doreen Denstädt: Integration kann nicht befohlen werden
Die Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Doreen Denstädt, betonte, dass in die Debatten über Migration in Ostdeutschland „mehr Kontext“ gehöre. Unter Hinweis auf ihre eigene Biografie sprach sie die Vielfalt der individuellen Hintergründe an. Man solle sich durchaus nicht scheuen, auch einfach mal persönlich nach Herkunftskonstellationen zu fragen, um das Gegenüber nicht blind in eine Schublade zu stecken. Denstädt berichtete von den Erfahrungen in ihrer eigenen Familie – von der Gefangenschaft des Urgroßvaters in Sibirien unter den Sowjets bis zum Austausch der DDR mit „sozialistischen Brudervölkern“ jenseits der „Vertragsarbeit“. Denstädts Vater war als Student aus Tansania in die DDR gekommen.
Die Geschichte der Vertriebenen sei immer noch unzureichend aufgearbeitet, zumal in Hinblick auf die heutigen Herausforderungen, so die Ministerin weiter. Sie gestand ein, dass derzeit vieles besser laufen könnte, die Aufgaben von Unterbringung bis Eingliederung nicht eben die leichtesten seien. Wenn es auch abstrakte Gemeinsamkeiten von Migrationsbewegungen gebe, bedeute das nicht, dass alle historischen Situationen und Ereignisse einfach vergleichbar und gleich zu behandeln seien. Eine „Integration“ auf Anordnung, wie nach dem Zweiten Weltkrieg, könne es heute in einer freiheitlichen Ordnung nicht mehr geben.
Egon Primas: Von „Gastarbeitern“ in Westdeutschland wurden auch keine Deutschkenntnisse verlangt
Die Diskussionsrunde in Mühlhausen hat Mut gemacht, sich auf den beiden Feldern Migration und Entwicklung ländlicher Lebensräume nicht die Perspektiven nehmen zu lassen. Die Chancen liegen darin, aktiv zu werden und beide Probleme sinnvollerweise gemeinsam in den Blick zu nehmen. Dabei wurde nicht nur auf individuelles Einbringen, ehrenamtliches Engagement und zivilgesellschaftliche Ankommens- und Einbindungsanstrengungen Bezug genommen. Von Seiten des Publikums kam mehrfach die nachdrückliche Forderung, der Staat müsse endlich wieder handlungsfähiger werden und Bürokratie- und Verwaltungshürden abbauen. Vielerorts verhinderten Organisations- und Durchgriffsschwächen praktikable Lösungen, um Möglichkeiten und Wege zu eröffnen.
Insbesondere die Integration durch Arbeit, darauf wies Egon Primas eindringlich hin, müsse erheblich vereinfacht und beschleunigt werden. Seien die einstmals vertriebenen Deutschen noch Binnenflüchtlinge gewesen, was die Integration zumindest kulturell leichter gemacht hätte, müsse heutzutage mit mehr Augenmaß für die Gegebenheiten gehandelt werden. So gehörten die Voraussetzung von Deutschkenntnissen für die Arbeitsaufnahme und die fehlenden Anreize zur Erwerbsarbeit etwa für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf den Prüfstand.
Wieso werden Religionen in Videospielen so oft antagonistisch dargestellt?
Und wieso tun Games sich allgemein dabei schwer, Religionen darzustellen?
Diese Fragen haben wir uns am 7. November 2023 bei dem Event „Deus ex Machina“ gestellt. Es fand statt in einem Online-Bildungs-Haus der EKM, das wie ein echtes Tagungshaus aufgebaut ist. Es funktioniert ähnlich wie ein Computerspiel, da die Teilnehmer von Raum zu Raum gehen und miteinander reden, Präsentationen halten, und Klebezettel beschreiben und kleben konnten. Sogar Pausenräume gab es, in denen sich entspannt werden konnte.
In einem Vortrag von Thilo Eisermann über religiöse Fragen in Games wurde über Videospiele als Kulturgut und religiöse Aspekte in Videospielen gesprochen. Thilo Eisermann doziert an der Filmuniversität Babelsberg und ist darüber hinaus beim Institut Spawnpoint, ein Institut für Spiele- und Medienkultur, tätig. Die Ergebnisse waren aufschlussreich und zeigten, warum Videospiele als Kulturgut angesehen werden und welche Bezüge sie zu Religion enthalten. Er erwähnte, dass Videospiele einen großen Einfluss auf die Gesellschaft haben und dass es daher wichtig ist, mehr über die Relevanz von Religion in ihnen zu erfahren.
Andreas Erdmann, Informatiker und Gemeindepfarrer der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und Online-Pfarrer, auch genannt Pfarrer für Kirche im digitalen Raum, stellte eine Website für Kinder vor namens „Kirche entdecken“. Diese ist eine Ressource für Religionsbildung, die das Interesse bei Kindern wecken soll und Ihnen einen Einblick in das Thema gibt, indem es ihnen interaktiv nahegebracht wird. ein interaktives Konzept von Religion bietet.
Danach wurden drei Videospiele vorgestellt. Das erste Spiel trug den Namen „Pentiment“ und wurde von Thilo Eisermann erläutert. „Pentiment“ ist ein textlastiges Abenteuer-Rollenspiel, welches im Mittelalter spielt und sich viel um religiöse Fragen der damaligen Zeit dreht. Mit 19 möglichen Enden ist es sehr vielseitig. Als nächstes wurde das Game „One Shot“ von Karsten Kopjar, Medientheologe der EKM, gezeigt. Das Abenteuer-Puzzle-Game ist liebevoll gestaltet und sehr atmosphärisch. Die Spieler:innen nehmen in diesem Game die Rolle einer Art Gott ein und der Hauptcharakter, durch die spielende Person gesteuert, ist eine Art Messias. Das letzte vorgestellte Spiel trägt den Titel „One of 500“. Vorgestellt wurde es von Amin Joshua und entwickelt wird es von seinem Game Studio „Lightword Productions“ aus Stuttgart/Ludwigsburg. Es ist ein Story-basiertes Adventure-Game, bei dem es darum geht, die Geschichte rund um Jesus von Nazareth aus der Perspektive eines Fischerjungen nachzuerleben.
Die Teilnehmenden haben bei diesem Workshop viel gelernt und das digitale Bildungshaus hat sich als funktionierend und eindrucksvoll bewiesen.
Dr. Annika Schreiter (EAT) und Konrad Magirius (CJD) zeigten in ihrem Workshop, wie Forumtheater, politische Bildung und Menschen mit Beeinträchtigungen zusammen passen. Foto: CJD
„Gewissheiten sind keine Gewissheiten mehr,“ beschrieben die Veranstalter in der Ankündigung des Kongresses das derzeitige Lebensgefühl vieler Menschen. Durch die vielen Krisen scheint wenig planbar, und der gesellschaftliche Diskurs wird – längst nicht nur im Netz – immer aggressiver. Die großen Versprechen der Demokratie von Gleichheit und Wohlstand seien vielfach nicht mehr glaubwürdig und das Vertrauen, dass demokratische Verfahren hier Abhilfe schaffen können, schwinde zusehends. So sprach PD Dr. Veith Selk, TU Darmstadt, gar von einer „Demokratiedämmerung“. Prof. Dr. Naika Foroutan, Leiterin des Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung, forderte in der Auftaktveranstaltung ein Abrüsten der gesellschaftlichen Auseinandersetzung: „Wie kommen wir weg vom mutwilligen, gehässigen maximalen Missverstehen? Dem Wegdrängen des Anderen ins Extremistische?“
Die dafür nötigen Handwerkszeuge wie Ambiguitätstoleranz, die Fähigkeit zum Perspektivwechsel oder auch die Vermittlung demokratischer Werte sind zentrale Aufgaben der politischen Bildung. Angesichts der eher düsteren Gegenwartsanalyse des Bundeskongresses scheint sie daher umso notwendiger, um zu positiven Zukunftserzählungen zu kommen. Dass die geplanten Mittelkürzungen im Bundeshaushalt bei der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Kinder- und Jugendplan des Bundes dem entgegenstehen, war an vielen Stellen Thema.
Neben düsteren Analysen, wissenschaftlichen Diskursen und Protestaktionen gegen die Kürzungen gab es eine Menge Praxiseinblicke. Die Ev. Akademie Thüringen war mit einem Workshop gemeinsam mit dem CJD dabei und stellte ein Forumtheater-Projekt mit Jugendlichen mit Beeinträchtigungen vor.
Dr. Sebastian Kranich und Tilman König. (c) Ulrike Wollenhaupt-Schmidt
Dr. Sebastian Kranich eröffnet die Veranstaltung mit einem Gedicht. (c) Ulrike Wollenhaupt-Schmidt
Gegendemo
Das Dach im Fenster
steht weit offen
Tauben lassen
blauen Kot in warme Nester fallen
die Freiheit verdreht sich
Ein Gedicht von Jutta Kranich-Rittweger stand am Anfang des Augustinerdiskurses am 2. November. Nach dem blau plakatierten Erfurt, der AFD-Kundgebung (1000 Menschen) und den Gegendemos (4000 Menschen) am Samstag zuvor trafen die Zeilen das Thema.
Um den Film „König hört auf“ zu sehen waren über 60 Leute ins Augustinerkloster gekommen: Darunter die „Omas gegen Rechts“, die mit gegen die AFD auf der Straße waren, eine Gruppe der Erfurter „Offenen Arbeit“, Heike Werner (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie) und Katharina König-Preuss (MdL).
So ging es an diesem Abend um einen Film, um eine Person – „Lothar König hat eine rebellische Seele. Er sieht sich auf der Seite der Freiheit“ (Andreas Montag) –, vor allem aber um die Sache.
In 82 Minuten waren die letzten Dienstmonate des Jenaer Jugendpfarrers hautnah mitzuerleben. Sein Sohn, Regisseur Tilman König, stand im Anschluss Rede und Antwort zu Hintergründen und Entstehungsbedingungen des Films, der kein Familienfilm geworden ist, sich aber aus intimer familiärer Kenntnis speist. Ein ruppiger und geradliniger Antifaschist, ein hochsensibler und frommer Mensch wird darin porträtiert. Einer, der um der Sache willen provoziert, ein charismatischer Typ, von denen es heute kaum noch welche gibt.
Angeregt durch das Gesehene waren sich die Versammelten einig: Wir müssen mehr machen, damit es 2024 bei Kommunal-und Landtagswahlen keinen blauen Umschwung gibt. Das Engagement der „Omas gegen Rechts“ lobend meinte Katharina König-Preuss: Die Gegendemos vier Tage zuvor waren ein Kraftpunkt, doch kein Ruhepunkt. Sie müssen zum Ausgangspunkt werden.
Brauchen wir dazu solche Typen wie Lothar König? Nicht unbedingt, sagte ein „Opa gegen Rechts“. Er sei kürzlich den Omas beigetreten und würde jetzt von ihnen sehr viel lernen.
Offen blieb die Frage nach einer filmischen oder anderweitigen Aufarbeitung des Dresdner Prozesses von 2013 gegen Lothar König – eines Justizskandals, wie ein Prozessbeobachter an diesem Abend meinte.
Der Opernsänger Gunther Emmerlich liest mit der Brille des Fußballers Peter Ducke. Foto: (c) Kranich/EAT
Der Kirchsaal war vollbesetzt bei der musikalischen Lesung von Gunther Emmerlich. Foto: (c) Kranich/EAT
„Was ist das jetzt?“ rief Gunther Emmerlich und hielt erstaunt ein Brillenglas in der Hand. „Da, nimm meine.“ Ein Mann in der ersten Reihe stand auf. „Ja, geht“. Der Opernsänger las mit der Brille des Fußballers Peter Ducke weiter. Improvisieren gehört dazu, in der Kunst wie im Fußball.
Im vollbesetzten Kirchsaal der Brüdergemeine Neudietendorf hatte der Sänger und Entertainer bei seiner musikalischen Lesung am 29. Oktober vor allem eine Botschaft: „Wer den Himmel auf Erden will, muss in die Operette gehen.“ Wenn ihnen morgen die gebratenen Hühner ins Maul flögen, würden manche ostdeutsche Miesepeter sagen: „Für mich sind das immer noch Broiler.“ Doch auch diese Szene gab Emmerlich zum Besten: In München sei er gefragt worden: „Sie sind doch aus dem Osten. Sind sie dann auch rechts?“ Er habe die Fragestellerin daraufhin gebeten, das Gespräch noch einmal zu beginnen, damit es ein besseres Ende findet.
Neben Deutsch-Deutschem waren Geschichten aus der Kindheit in Eisenberg, Anekdoten aus dem Showgeschäft, aber auch manche Lebensweisheit zu vernehmen. Zwei Tage vor dem Reformationstag zitierte Emmerlich seinen Lieblingsspruch von Martin Luther frei: „Wir können nicht verhindern, dass schwarze Vögel über unsere Köpfe fliegen. Wir können aber verhindern, dass sie in unseren Haaren Nester bauen.“
Gesungen wurde zwischen den Geschichten von ihm natürlich auch. Kurze Liedstrophen, „Wenn ich einmal reich wär“ und Ähnliches. Den meisten Beifall aber heimste der begleitende Gitarrist Frank Fröhlich ein für eine Strophe „Du hast den Farbfilm vergessen“.
Die großen christlichen Themen kamen für Englischkundige in Gospels zum Klingen. Zum Ende bot Emmerlich dem begeistert mitgehenden Publikum „noch etwas Gottgefälliges“ und sang: „Oh, my Lord, what a morning, when the stars begin to fall“. Seine letzte Zugabe ließ dann schon an Allerheiligen denken: „Oh, when the saints go marching in, Lord, how I want to be in that number, when the saints go marching in“.