Am Donnerstag, den 25.1. startete in Jena die Initiative „Weltoffenes Thüringen“ mit einer offiziellen Vorstellung, zu der sowohl Unterstützer:innen als auch Pressevertreter:innen und weitere Akteure eingeladen waren. Aktuell sind es bereits mehr als 4.700 Unternehmen, Verbände, Einrichtungen und Einzelpersonen, die das Bündnis, das vor wenigen Wochen gegründet wurde, mittragen, und täglich werden es mehr.
Ziel sei es, insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen in Thüringen, die landesweite Sichtbarkeit der Zivilgesellschaft für die Bewahrung eines toleranten und demokratischen Freistaats zu erreichen, so der Mitinitiator Eric Wrasse von der Europäischen Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar beim Auftakt am Donnerstag.
Die Evangelische Akademie Thüringen unterstützt das Bündnis „Weltoffenes Thüringen“ und setzt sich in ihrer Arbeit und in ihren Veranstaltungen für mehr Toleranz und Offenheit in einer pluralen Demokratie ein.
In den folgenden Wochen und Monaten sind gemeinsame Aktionen geplant, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.
Hintergründe zur Initiative zeigen unter anderem Presseberichte vom 25.1. in der Tagesschau oder im Morgenmagazin.
Politische Bildung lädt Jugendliche dazu ein, Verantwortung zu übernehmen und zu Mitgestalter:innen politischer Bildung und demokratischer Politik zu werden. Wie dies in der Praxis gelingt, darum geht es im gerade erschienenen Jahrbuch 2023 der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (et). Die Beiträge zeigen Wege auf, wie Jugendliche Veranstaltungen und Projekte der et mitgestalten. Sie reflektieren, wie die Verantwortung für Bildungsprozesse zwischen Teilnehmenden und Anbietenden aufgeteilt ist und stellen zeitgemäße Formate vor. Und die Autor:innen schauen über den Tellerrand und beleuchten Verantwortungsübernahme von Jugendlichen in Schule, Jugendpolitik und für einen positiven gesellschaftlichen Wandel.
Aus der Ev. Akademie Thüringen, die Mitglied der et ist, gibt es einen Beitrag zu einem Forumtheater-Projekt mit Jugendlichen mit Beeinträchtigungen. Das beschriebene Projekt nutzte die Theatermethoden nach Augusto Boal als bewegte, nicht sprachbasierte, Gesellschaft analysierende und empowernde Methode, um dem Wunsch nach Veränderung der Jugendlichen eine selbstbestimmte Bühne zu geben. Ärger über gesellschaftliche Missstände bildete dabei den Ausgangspunkt, um durch gemeinschaftliches Theaterspiel kreative Lösungswege zu erproben – ganz nach dem Motto: „Spielen statt Ärgern.“ Der Beitrag beschreibt sowohl das Projekt als auch seine methodischen Hintergründe.
Was ist ein Handwerkergymnasium? Diese (aus-)bildungspolitische Frage lag am 15. Januar 2024 auf dem Tisch des Neujahrstreffens von Vertretern des Handwerks und beider Kirchen. Gegenstand des Austauschs sind auch allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in der Region.
Im Augustinus-Saal des Hauses der Versöhnung im Augustinerkloster Erfurt gab zuerst Stefan Lobenstein, Präsident des Thüringer Handwerkstages (THT), einen Lagebericht der Unternehmen. Es sei ein starker Rückgang der Nachfrage für Handwerksleistungen zu erwarten. Vor allem die Baubranche sei jetzt schon durch massive Auftragsrückgänge getroffen. Die Arbeitgeber sehen in investitionshemmender Bürokratie, hohen Lohnsteigerungen sowie in gewandelten Arbeitszeit-Bedürfnissen vieler Mitarbeitenden große Schwierigkeiten für die Unternehmen. Lobenstein betonte zudem, dass die berufliche Bildung in den letzten Jahren gegenüber der akademischen Bildung abgewertet und ins Hintertreffen geraten sei. Die unternehmerische Stimmung sei insgesamt „trübe“, so der THT-Präsident.
Unternehmerische Stimmung „trübe“
Von Kostensteigerungen auf dem Bau konnte anschließend Bischof Ulrich Neymeyr vom Bistum Erfurt berichten, als er auf Baumaßnahmen für die katholischen Schulen in Erfurt sowie in Heiligenstadt einging. Die Vorbereitungen für den Deutschen Katholikentag vom 29. Mai bis zum 2. Juni 2024 seien indes vielversprechend angelaufen. Es werden 20.000 Gäste in Erfurt erwartet, ca. 500 Einzelveranstaltungen sind vorgesehen. Das Motto des Katholikentages, „Zukunft hat der Mensch des Friedens“ (Psalm 37, 37), habe nichts von seiner Bedeutung verloren, so dass man sich der Wirkung und Ausstrahlung des Treffens sicher sein könne.
Friedrich Kramer, Landesbischof der EKM und damit der Gastgeber des Abends, gab den Zusammenschluss der Evangelischen Schulstiftungen bekannt. Seit Januar 2024 gebe es nun eine vereinte Schulstiftung der EKM. Die Landeskirche stellt einen Investitionsfonds für Baumaßnahmen der Schulen in Trägerschaft dieser Stiftung zur Verfügung. Die Evangelische Schulstiftung in Mitteldeutschland St. Johannes ist in drei Bundesländern aktiv, neben Sachsen-Anhalt und Thüringen auch im Nordwesten Sachsens.
Kirchen zwischen gesellschaftlichem Brückenbau und Pflicht zum Widerstand
Mit Ausblick auf das anstehende Wahljahr in Thüringen sowie angesichts der wachsenden Frustration und gegenseitigen Verächtlichmachung von Menschen unterschiedlicher Meinung vertrat Landesbischof Kramer einerseits die Linie einer seelsorgerlich und gesellschaftsdiakonisch motivierten Gesprächsbereitschaft. Andererseits müsse Widerstand gegen das zerstörerische Welt- und Menschenbild geleistet werden, das sich im gesellschaftlichen und im parteipolitischen Rechtsextremismus zeige. Dieses stehe dem christlichen Glauben und seiner Handlungsorientierung diametral entgegen. „Einem Christenmenschen kann die Gesellschaft nicht egal sein“, ergänzte Regionalbischof Tobias Schüfer, womit er auf breite Zustimmung der Anwesenden stieß.
Schließlich wurde auf Wunsch der Kirchen das Handwerkergymnasium thematisiert. Von der Handwerkskammer Erfurt initiiert, besteht dieser schulische Bildungsgang an mittlerweile vier berufsbildenden Schulen in Thüringen. Begonnen hatte alles 2016 an der Walter-Gropius-Schule in Erfurt. Durch die frühzeitige Integration von Teilen der Meisterprüfung werde den Schülerinnen und Schülern die Tür geöffnet, einen Handwerksberuf kennenzulernen und zu ergreifen.
Handwerkergymnasium – Thüringer Erfolgsmodell der Berufsorientierung
So sei es mit dem „Handwerksabitur“ möglich, weitere Schritte der betriebswirtschaftlichen und handwerklichen Ausbildung schneller als gewöhnlich zu absolvieren. Absolventen erhielten neben den üblichen Abschlusszeugnissen eine zusätzliche Beurkundung ihrer Leistungen ausgehändigt. Auch wenn nicht alle anschließend ins Handwerk einstiegen, so sei das Handwerkergymnasium doch ein Erfolgsmodell, weil es die Schwelle der Entscheidung für eine berufliche Ausbildung senke.
Die Kirchen zeigten großes Interesse, sich auch in ihren Bildungsangeboten davon inspirieren zu lassen, wobei die regionale Verwurzelung schulischer Bildung als Gemeinsamkeit von Handwerk und Kirche festgehalten wurde. Das Thüringer Projekt, die Handwerksberufe als Bildungs- und Berufsperspektive zu stärken, weckt zunehmend auch in anderen deutschen Bundesländern Interesse. Es ist diesem Thüringer Modell sehr zu wünschen, so der Tenor des Jahrestreffens, dass es weit über das Land hinaus buchstäblich Schule machen möge.
Das Jahr beginnt traditionell mit dem Spitzentreffen der Thüringer Katholischen und Evangelischen Kirchen sowie der Arbeitgeber des Thüringer Handwerkstages. Gastgeberin des diesjährigen Treffens war die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM).
Das neue Jahr beginnt angespannt: Arztpraxen, Bauern, Bahner – das Frustpotenzial in der Gesellschaft zeigt die Zähne. Und das völlig zurecht. Genauso berechtigt, wie es auch diejenigen tun, die Blockaden gegen Umweltzerstörung und Klimawandel organisieren.
Sicher sehen sich einige Protestgruppen als ökonomisch „unverzichtbarer“ an als andere. Aber was viele Proteste derzeit eint, ist ihre Verankerung in den zentralen Belangen der Daseinsvorsorge. Es geht an’s Eingemachte: Gesundheit, Ernährung, öffentliche Mobilität, menschen- und lebensfreundliche Umweltbedingungen.
Es geht an’s Eingemachte
Sozialpsychologisch betrachtet geht es um die Grundfrage der Zugehörigkeit. Viele Menschen fühlen sich nicht (mehr) als Teil eines Ganzen, sondern nur noch als Teil unter Teilen. Das kann man durchaus so kalt und mechanistisch verstehen, wie es klingt. „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, wie es im Grundgesetz heißt (Art. 72 Abs. 2), sehen wohl die wenigsten als verwirklicht an. Was sich abstrakt und wie eine „magische Formel“ (so der Jurist Christian Waldhoff) mit ungewisser Deutungsreichweite anhört, wird in der sozialen Wirklichkeit zuweilen sehr konkret, lautstark und störend eingefordert.
Am 9. Januar 2024 war Psychologin, Verhaltenstherapeutin und Buchautorin Katharin van Bronswijk bei der Evangelischen Offenen Arbeit Erfurt (OA) zu Gast. Sie stellte ihre Arbeit und ihr Buch Klima im Kopf. Angst, Wut, Hoffnung: Was die ökologische Krise mit uns macht vor. Im Vordergrund der anschließenden Diskussion der rund 50 Anwesenden standen die Einstellungen und Gefühle, die uns in der sozial-ökologischen Frage unserer Zeit bewegen.
Den Buchtitel Klima im Kopf hat van Bronswijk dem gleichnamigen Podcast der Klimagruppe Psychologists for Future entlehnt, in der sie sich engagiert. Gerade vor dem Hintergrund der Häufung etlicher Krisenphänomene in unserer Gesellschaft betonte sie, dass neben die naturwissenschaftliche Klimaforschung eine breite sozialwissenschaftliche Expertise treten müsse, um die Menschen, ihre Erfahrungen und ihre Empfindungen angemessen zu berücksichtigen.
Hoffnung – unaufgeregt, nicht humorbefreit, konstruktiv
Katharina von Bronswijk – angeregt auch durch einen Zwischenruf der OA in Person von Wolfgang Musigmann – verstand es in der Diskussion, auf eine einfühlsame Weise Verdrängung, Ängste und Sorgen aufzunehmen, ohne eine resignative und humorbefreite Stimmung aufkommen zu lassen. Nicht der hohe Anspruch der „Meisterung“, sondern eher die pragmatische „Bewältigung“ der Krisen prägte die konstruktive Atmosphäre des Abends.
Das Fazit fällt hoffnungsvoll bis zuversichtlich aus: Die Frage lautet nicht nur, was die Klimakrise mit uns macht, sondern auch, was wir aus ihr machen.
Die Buchlesung fand in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, RENN.mitte, Zukunftsfähiges Thüringen e.V., der Offenen Arbeit sowie der Evangelischen Akademie statt.
Wird die Klimadebatte unsere Gesellschaft spalten? Welche Kräfte beuteln die Demokratie und wie stärken wir junge Generationen für ihre politische Teilhabe? Was macht globale Wirtschaftsbeziehungen stabiler und gerechter? Wie blicken wir auf ost- und westdeutsche Erfahrungen und welche Rolle spielt dabei die Kirche? Haben wir Hoffnungsbilder oder
Zukunftsvisionen, die uns in Krisenzeiten tragen? Welche Bücher, Filme und Medien prägen uns?
Fragen wie diese stellen wir bei unseren kommenden Veranstaltungen, in denen wir Raum für gesellschaftsrelevante Diskurse bieten und Menschen unterschiedlicher Generationen und
Hintergründe miteinander ins Gespräch bringen. Gemeinsam mit Expert:innen und Interessierten setzen wir uns mit brisanten Themen auseinander und diskutieren verschiedene
Blickwinkel.
Ob im Jugendpolitischen Team, während der Sommerakademie, in Literarischen Salons, bei Schreibwerkstätten, Tagungen und Augustinerdiskursen – immer laden wir dazu ein, demokratische Kultur zu leben.
Erstmals erscheint das gedruckte Jahresprogrammheft der Evangelischen Akademie Thüringen als gemeinsamer Flyer mit unserer Schwesterakademie in der Landeskirche, der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt. Verschaffen Sie sich darin einen Überblick über die einzelnen Studienbereiche und Highlights im nächsten Halbjahr. Zu einzelnen Veranstaltungen können Sie sich jeweils aktuell auf unserer Webseite über das genaue Veranstaltungsprogramm und die Anmeldemodalitäten informieren.
Auch 2024 freuen wir uns wieder über Ihre Mitwirkung – denn was wäre die Akademie ohne die Menschen, die sie beleben?
Bei aller Verantwortung, die wir als Einzelne und als Gesellschaft tragen, ist unser Herz oft voll Pflichtgefühl, Erfolgswunsch und Sorge. Das Maß aller Dinge aber ist die Liebe. Pflicht ohne Liebe
wird zur Last, Erfolg ohne Liebe zu Hochmut und Sorge ohne Liebe zur Angst. Vielleicht ist dies der wichtigste Auftrag: uns immer wieder zu fragen, ob unser Tun in Liebe geschieht – zu unseren
Mitgeschöpfen, der Natur und zu dem, was wir im Glauben in Ehren halten.
Wir wünschen Ihnen und uns für das kommende Jahr, dass Liebe unser Handeln motiviert und unser Denken erfüllt. Für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung bei unserer Arbeit bedanken wir
uns herzlich!