„Demokratie ergibt sich nicht naturwüchsig“, stellte der Soziologe Jürgen Habermas fest. Sich dafür stark zu machen, Demokratielernen in jeden Bildungskontext und viele Lebensbereiche zu tragen, ist daher eine zentrale Aufgabe, der sich viele Bildungsträger in Thüringen seit Langem widmen. Im Projekt Thüringen 19_19 beispielsweise wurden anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Weimarer Republik mit Schulen, Kindergärten, Bildungs- und Gedenkstätten Lernorte der Demokratie entwickelt. Nun hat sich Anfang des Jahres mit Partnerinnen aus diesem Projekt und neu Hinzugekommenen das Netzwerk „Demokratiebildung in Thüringen“ gegründet. Seit der vergangenen Woche ist die Evangelische Akademie Thüringen offiziell Mitglied dieses Netzwerkes, in dem z. B. auch die Europäische Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Weimar, das Eine Welt Netzwerk Thüringen e. V. oder das Bildungswerk BLITZ e.V. vertreten sind. Getragen wird es von VereinT Zukunft Bilden.
Lobbyarbeit für Demokratiebildung in förder- und bildungspolitischen Diskursen, gemeinsame Projekte und die Förderung von Diversität in der politischen Bildung sind einige Ziele, die sich das Netzwerk gesetzt hat. In der Evangelischen Akademie freuen wir uns darauf, uns einbringen zu können!
Interessierte, die dem Netzwerk beitreten möchten, können sich unter der folgenden E-Mail-Adresse melden: netzwerk@demokratiebildung-thueringen.de
Frauen und LGBTQI+-Minderheiten(1) sollen mundtot gemacht werden, in dem sie zur Zielscheibe von Online-Hass werden – diese Strategie wirkt! Viele äußern sich gar nicht oder verstecken ihre Identität, um nicht von Anti Gender-Hate getroffen zu werden.
In der vergangenen Woche stellten Ass.-Prof. Claudia Wilhelm und Andreas Schulz von der Universität Wien Ergebnisse der EU-weiten Studie „Hate speech, gender, social networks and political parties“ (GENHA) beim Workshop „Regulation von unten?! Gemeinsam gegen Anti-Gender Hate Speech vorgehen“ vor. Dabei zeigte sich unter anderem: Rechtspopulistische Akteur:innen nutzen nur implizite Hassrede und bedienen dabei Schlagworte wie „Gender-Gaga“ und „Frühsexualisierung“, in dem Wissen darum, dass diese weitaus hasserfüllter Kommentare aus ihrer digitalen Gefolgschaft triggern. So reicht das Erwähnen geschlechtergerechter Sprache in einem Posting bei Facebook, um Morddrohungen oder ähnliches in den Kommentaren zu provozieren. Damit bewegen sich die offiziellen Akteur:innen unter dem Radar der Straffälligkeit und überlassen explizite Hassrede anderen.
Die Ergebnisse der Studie dienten als Grundlage für die Diskussion mit Akteur:innen aus Wissenschaft, Verfassungsrecht, Medienpädagogik und Medienaufsicht, um Hate Speech aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung wirksam(er) zu begegnen. Deutlich wurde im Austausch die Komplexität des Problems: Anti-Gender Hassrede ist kein Online-Phänomen, sondern entsteht im gesellschaftlichen Diskurs und findet über Soziale Online-Medien eine höhere Verbreitung. Wirksam begegnet werden kann ihr nur mit einem gemeinsamen Vorgehen von Justiz, Strafverfolgung und Gesetzgebung sowie mit Unterstützung Betroffener durch die Zivilgesellschaft. Hass generiert Aufmerksamkeit und ist damit für die großen Online-Plattformen ein viel zu lukratives Geschäftsmodell, als dass man es ihnen selbst überlassen könnte, für eine Selbstkontrolle oder -regulierung zu sorgen. Grundlage dafür, dass sich alle angstfrei online äußern können, ist ein verlässlicher Rechtsstaat, der demokratische Grundrechte auch online garantiert und verteidigt. Regulation von unten kann also nur dann gelingen, wenn auf die Regulation von oben Verlass ist.
(1) LGBTQI+ ist eine Abkürzung für Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer und Intersex. Auf Deutsch steht sie also für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und intersexuell und beschreibt somit sexuelle Orientierungen und Formen von Identitäten.
„Wir sind zu mutlos. Der Einsatz von Selbsttests kam zu spät. Die Corona-App leistet gerade nichts. Menschen in Leitungs- und Vorbildpositionen trauen sich nicht, offen für die Impfung zu werben.“ Dr. Stefan Moritz, Leiter der Klinischen Infektiologie am Universitätsklinikum Halle (Saale) brachte eine ganze Liste von bremsenden Bedenken vor. Besonders aber störte ihn: 100 Millionen Impfdosen im Deutschland drohen zu verfallen. Während etwa im Kongo weniger als 0,1 % der Bevölkerung vollständig geimpft seien.
Menschen reagieren mit Wut und Trotz auf die Herausforderungen der Corona-Krise. Viele lassen sich „jetzt gerade nicht“ impfen, wenn sie zu viel Druck verspüren. Manche greifen andere verbal und körperlich an – bis hin zum Mord. Dabei sind weiter wenig diejenigen im Blick, die wirklich zu leiden haben: Mütter, Väter, Kinder und junge Erwachsene, bei denen Depressionen und Angststörungen deutlich zugenommen haben. „Wo bleibt hier die die Solidarität?“ fragte die Sozialpsychologin Prof. Dr. Nicole Harth von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena.
Die Weltwirtschaft erholt sich gerade. Aber der Blick auf die Welt ist oft verstellt. Ideen, lieber alles hier zu produzieren, sind im Umlauf. Doch so global Pandemie und Wirtschaft sind, so ist auch die große Herausforderung des Klimaschutzes nur weltweit zu bewältigen, so Prof. Dr. Silke Übelmesser, Professorin für Allgemeine Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Die Themen und Thesen beim dritten Corona-Podium von Evangelischer Akademie Thüringen und Thüringer Landeszentrale für politische Bildung regten zu einer intensiven Diskussion an.
Über den Titel des Podiums „Was bleibt?“ hinaus wurde aus dem Publikum gefragt: „Was kommt?“
Hier können Sie die Veranstaltung in voller Länge sehen.
Wie geht es unserem Wald? Um die Antwort vorweg zu nehmen: Die Schäden sind gewaltig, aber es besteht Grund zur Hoffnung. Beim Regionaltreffen 2021 der Initiative für evangelische Verantwortung in der Wirtschaft steht das Thema Wald und Klimaschutz auf der Agenda, und nicht zufällig treffen sich die Mitglieder und Interessierten diesmal im Kloster Volkenroda, gelegen am Rand des 670 ha großen Volkenrodaer Walds im Norden des Thüringer Beckens.
Auf Einladung des Leitungsteams kommen die Mitglieder einmal im Jahr zusammen. Begrüßt von Andreas Piontek, Superintendent des Ev. Kirchenkreises Mühlhausen, führt Bernhard Köhler in das Thema ein. Er berichtet von seinen Erfahrungen als Leiter des Maschinenstützpunkts von ThüringenForst, von Borkenkäfernestern und Sturmschäden, Schadholz und Aufforstung. Das Tempo der Veränderungen im Wald sei gestiegen, und für die Waldbesitzer sei es eine große Aufgabe, den Wald für die nächsten Generationen umzubauen – mit gemischten, resistenten Arten. Das wird nicht überall gleichzeitig passieren können, aber nach und nach werden geschädigte Flächen wieder aufgeforstet. Und die Bedeutung des Walds für den Klimaschutz rückt zunehmend ins öffentliche Bewusstsein, was sich am Interesse der Bürgerinnen und Bürger für das Thema abzeichnet.
Bei der sich anschließenden Führung durch das Kloster erläutert Bruder Helmut Rosskopf, wie das zuvor brachliegende Kloster in den vergangenen Jahrzehnten wieder zum Leben erweckt wurde und welche Bedeutung es heute für die Christinnen und Christen in der Region hat. Und Superintendent Andreas Piontek widerlegt am Rande einen verbreiteten Mythos: Nicht die Bauern um Thomas Müntzer, sondern die Bewohner Mühlhausens hätten das Kloster in der Zeit der Reformation niedergebrannt.
Nach gelockerten Corona-Maßnahmen und der Ausweitung der Impfungen wurden wichtige soziale Räume für Jugendliche, wie etwa Schule, Jugendhäuser, Jugendverbände und Vereine, wieder zugänglich. All dies bietet jetzt neue Chancen und Möglichkeiten, diese Räume in Jugendarbeit und Jugendpolitik gestaltbar zu machen. Gleichsam ist die Pandemie noch keineswegs vorbei und stellt die Arbeit für und mit Jugendbeteiligung weiter vor neue Herausforderungen.
Im Online-Forum „Alles auf Start, Chancen nutzen!“ am 7. Oktober waren Multiplikator:innen in der Jugend-, Jugendverbands- und Sozialen Arbeit zum Austausch darüber eingeladen, wie sich die Situation für Jugendpolitik und Jugendbeteiligung unter Corona derzeit in Thüringen gestaltet. Was sollte nun getan werden? Wie kann Jugendbeteiligung krisensicher gemacht und wie sollten neue Möglichkeiten genutzt werden? Welche positiven Erkenntnisse lassen sich aus der Krisenzeit für die Jugendarbeit ableiten?
Prof. Dr. Ulrich Lakemann aus dem Projekt „Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in Thüringer Kommunen“ formulierte in einem Impuls Fragen und Zielsetzungen, die sich mit Blick auf Jugendbeteiligung „nach“ Corona stellen können. Nötig sei beispielsweise der Ausbau kommunaler Beteiligungsstrukturen für Kinder und Jugendliche, da während der Pandemie viele Initiativen eingeschränkt waren. Junge Menschen sollten in der Krise vor allem nicht erneut auf eine Rolle als Leistungsträger:innen bzw. Schüler:innen reduziert und stattdessen mit ihren Anliegen und Bedürfnissen dort abgeholt werden, wo es sie in ihrer Lebenswelt betrifft. Für Maßnahmen der Jugendbeteiligung seien Langfristigkeit und Nachhaltigkeit erforderlich und insbesondere die durch die Pandemie „heruntergefahrenen Strukturen“ müssten zunächst wieder gestärkt werden, damit bereit gestellte Fördermittel dort sinnvoll eingesetzt werden können. Die Pandemie wiederum dürfe nicht als einzige Ursache für alle Probleme von Jugendlichen angesehen werden.
Im Anschluss an den Impuls tauschten sich die Teilnehmenden an drei digitalen Thementischen aus, unter anderem zur Verwendung von Fördermitteln aus den Corona-Aufholprogrammen, zu Gelingensbedingungen für digitale Jugend(verbands-)arbeit und zu Kriterien einer krisensicheren Jugendbeteiligung. Zu Letzterem ergab sich in der Diskussion, dass es unter anderem eines Ausbaus der Strukturen bedarf – Stellen, Ressourcen und Kapazitäten für Fachkräfte in der Jugendbildungsarbeit müssten erhöht und gesichert werden. Zudem solle Jugendbeteiligung mehr von der Politik aufgegriffen und die öffentliche Sichtbarkeit von Kindern und Jugendlichen gestärkt werden. Sie müssten ihre Themen in höherem Maße selbst ansprechen können.
Corona-Pandemie, Klimawandel, Digitalisierung, Demografischer Wandel – die großen Herausforderungen, um nicht zu sagen Krisen dieser Zeit betreffen Kinder und Jugendliche besonders. Das machten das Programm und die vielen Diskussionen auf dem 3. Bundeskongress Kinder- und Jugendarbeit vom 20. bis 22. September deutlich. Vorträge, Podiumsdiskussionen und Workshops beschäftigten sich daher mit der Frage, wie eine zeitgemäße und lebensweltbezogene Jugendarbeit auf all das reagieren kann. Insgesamt 1.800 Haupt- und Ehrenamtliche nahmen an der Konferenz teil, die rein digital stattfand.
Die Evangelische Akademie Thüringen war gemeinsam mit der Ev. Akademie Sachsen-Anhalt mit einem Workshop zum Thema „Diskurse in schwierigen Zeiten“ vertreten. Dr. Annika Schreiter und Tobias Thiel stellten das Projekt „Bubble Crasher“ vor. Hier geht es darum, gesellschaftliche Spaltung anzugehen und die Teilnehmenden waren eingeladen, ihre eigenen Filterblasen zu reflektieren. Andere Angebote beschäftigten sich mit dem Umgang mit der Klimakrise, mit Gaming in der Offenen Jugendarbeit, mit Lebenslagen von LGBTQI-Jugendlichen, mit Jugendbeteiligung auf allen Ebenen und vielem mehr.
„Wir haben so viel zu sagen und zu zeigen, so viel Fachwissen und Know-How. Und wir sind noch lange nicht am Ende, davon zu erzählen“, bilanzierte Ilona Schumacher vom Bayrischen Landesjugendring in der Abschlussveranstaltung.